HISTORISCHE VORAUSSETZUNGEN
1. DIE SKLAVENZEIT UND DAS CHRISTENTUM Wenn man versuchen will, die Schwarzen und ihre Lieder, Gottesdienste und ihr schweres Sklavenlos zu verstehen, muss man bei dem Anfang der Sklaverei ansetzen. Im Jahre 1442 nahm der portugiesische Seefahrer Antonio Gonzales an der Goldküste einige Mauren gefangen. Diese kauften sich ihre Freiheit mit einer Lieferung von Schwarzen zurück. So kamen die ersten farbigen „Diener“ nach Lissabon. Nach und nach wurde es zur Gewohnheit, dass man von den neu entdeckten Küsten Afrikas schwarze „Diener“ mit ins Mutterland brachte. So kamen jedes Jahr Hunderte von Schwarzen nach Europa und der Handel mit ihnen wurde zum Geschäft. Die Spanier und Portugiesen kauften und verkauften an der Westküste Gold und Sklaven und Sevilla wurde bald zum wichtigsten Umschlagplatz des Sklavenhandels. 1502 wurde offiziell erlaubt „Negersklaven der Christen von Spanien nach Espaniola(heute San Domingo) zu bringen“. Die Versklavung der Indianer vollzog sich bald auf eine brutale Weise und man ging daran, außerdem schwarze Sklaven ins Land zu holen. Indirekt war daran auch Bischof Las Casa schuld. Als er die dahinsterbenden unterdrückten Indianer auf den Farmen und Gruben der Spanier sah, versuchte er, sie zu retten. Er schlug vor, jedem Spanier zu gestatten, 12 kräftige Schwarze in die Kolonien mitzunehmen. Später bedauerte er dies, konnte aber nichts mehr daran ändern. 1517 befahl König Karl V., pro Jahr 4000 Schwarze als „Diener und Arbeiter“ nach Espaniola, Kuba und Puerto Rico zu bringen. Der Sklavenhandel wuchs. Zwar hatte Papst Paul III. im Jahre 1537 jede Art von Sklaverei verboten, doch man hörte nicht auf ihn. Seit 1540 wurden jedes Jahr Tausende von schwarzen Sklaven über Europa nach Amerika geliefert. Nur wenige nahmen sich ihrer christlich und menschlich an. Zunächst folgten die afrikanischen Schwarzen den Weißen jedoch noch nicht mit Gewalt. Sie waren von den Schiffen, Geschenken, Schusswaffen und wohl auch dem Schnaps beeindruckt. Später, als das Sklavenholen zum Geschäft wurde und man mit Tausenden von Indianern handelte, einigte man sich mit den Stammeshäuptlingen. Diese lieferten gegen Bezahlung die gewünschte Anzahl von Schwarzen. Schon im 17. Jahrhundert waren Stationen an der afrikanischen Küste im Besitz von europäischen Handelsgesellschaften, die Schwarze kauften, die von anderen Schwarzen im Inland herbeigeschafft wurden. Zum Beispiel war da ein Negerkönig im späteren Liberia, der von einem französischen Sklavenjäger Waren auf Kredit bekommen hatte. Als Gegenleistung war eine Lieferung junger Sklaven vereinbart. So schickte er seine Krieger zu den Queaks, friedlichen Bauern, die von diesen nachts überfallen wurden. Sie töteten alle Menschen außer Knaben und Mädchen. Diese wurden von ihrem König an den französischen Händler verkauft. Meistens wurde es für die Händler aber billiger, wenn sie selbst die Dörfer überfielen und die Bewohner als Sklaven wegschleppten. Sie wurden von den Händlern eigens aufgeputzt, damit sie den Käufern gefielen. Für ein Gewehr, Rum, Stoffballen, oder Sachen wie Vasen etc. wurden sie dann verkauft. Später brachten Sklaven, die an der Küste Guineas ca. 25-50 Dollar gekostet hatten, auf dem Markt New Orleans bis zu 1100 Dollar ein. Der Käufer besichtigte seine Ware, wobei der Schwarze alle gewünschten Übungen machen musste wie z. B. springen und laufen. Nachdem sich die Händler einig waren, wurde dem Sklaven sogleich mit einem Brenneisen die Initialen des Besitzers auf Wange, Arm oder Hüfte gebrannt. Dann trieb man die Gefangenen auf die Sklavenschiffe. In den dicht gedrängten Schiffsdecks hatten die Sklaven nicht mehr als 1,20-1,50 Meter an Länge und 60-90 cm an Höhe. So konnten sie weder ausgestreckt liegen noch aufrecht sitzen. Sie waren gefesselt und jeweils in Reihen an Eisenstangen angeschlossen. In dieser Lage verbrachten sie die Monate ihrer qualvollen Reise, in der sie nur einmal am Tag für weniger als eine Minute an Deck gehen durften. So konnten sie ihre Bedürfnisse verrichten. Die aneinander gedrängten nackten Körper und der sich ansammelnde Schmutz führte zur Ohnmacht oder sogar zum Tode der Sklaven. Die ständige Furcht vor ihrer Ladung, vor allem vor Aufständen, erzeugte ungezügelte Grausamkeit unter der Mannschaft. Um seine Sklaven einzuschüchtern, tötete ein Kapitän einen von ihnen, teilte ihn in Stücke und ließ jeden Sklaven ein Stück essen. Dabei drohte er, diejenigen zu töten, die sich weigerten, seinen Befehl zu befolgen. Die Vermutungen, wie viele Sklaven die Überfahrt überlebten, sind unterschiedlich. Die englische African Company verschiffte zwischen 1680 und 1688 60783 Schwarze. Davon kamen 14387, also 23,7%, um. Schulte Nordtholt schätzt die Zahl verschiffter Sklaven für das 16. Jahrhundert auf 90 000, für das 17. 2,75 , und für das 18. Jahrhundert 7 Millionen. Für das 19. Jhrh. schätzt er 4 Millionen. Es gibt jedoch noch weit höhere Schätzungen. In seinem Buch „La trait et l’ esclave des longlais par les Européenes schreibt P. Rinchon seine Vermutung, dass von Tausend Sklaven nur 330 lebend an Land kamen. Er schätzt, dass allein aus dem Kongo im Lauf der Jahrhunderte mehr als 13 Millionen Schwarze verschleppt wurden. Den größten Anteil am Sklavenhandel hatten zunächst die Portugiesen, dann die Holländer. Die Engländer hatten schon im 16. Jahrhundert das Kriegsschiff „Jesus“ zum Fangen von Sklaven ausgeschickt. Doch erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts kamen sie mit den Spaniern ins Geschäft: Es mussten jährlich 4800 Sklaven an die Spanier geliefert werden. Als Gegenleistung erhielten sie ein 30-jähriges Monopol. In Wirklichkeit waren es jedoch ca. 15 000 Sklaven im Jahr, und 50 000 am Ende des Jahrhunderts. So ist der Sklavenhandel einer der wesentlichen Gründe für das Aufblühen Englands zu sehen. Ein Beispiel dafür ist Liverpool, die Hauptstadt des Sklaven – Imperiums die Manchester groß machte. Im Allgemeinen wird angenommen, dass die meisten versklavten Afrikaner aus den unteren Klassen stammten. Tatsache ist jedoch, dass in den sozialen Klassen der Sklaven alle Schichten der afrikanischen Gesellschaft vorhanden waren. Wahrscheinlich ist sogar, dass mehr Sklaven der höheren Klassen gefangengenommen wurden, da diese überall umherreisten. Die meisten Sklaven sollen von der nahen, reich besiedelten Westküste stammen. Es gibt aber auch Behauptungen, nach denen die Mehrzahl der Sklaven den Stämmen am Gambiafluss bis zum Nigerbassin, von der Goldküste, oder Benin, Tagor, Dahome, Kongo und Angola angehören. Die meisten schwarzen Sklaven kamen nach West-Indien und Südamerika. Die ersten 20 Sklaven Nordamerikas kamen 1619 in Jamestown, Virginia, an Land. Zunächst behandelte man die Schwarzen wie die weißen Knechte und einige waren nach ein paar Jahren frei, wie z.B. Anthony Johnson. Das waren jedoch Ausnahmen, die übrigen Sklaven mussten als Knechte arbeiten. Der Übergang von der Knechtschaft zur Sklaverei geschah durch die Bezeichnung im Vertrag „servant for life“ (Diener auf Lebenszeit). 1650 wurde die Sklaverei in den britischen Kolonien Amerikas von Gesetz wegen anerkannt.1787 wurde in der Verfassung der neu gebildeten USA die Sklaverei indirekt erlaubt, ohne jedoch namentlich genannt zu werden, da sie von einigen Staaten im Norden schon abgeschafft worden war. Sie wurde vor allem aufgrund des Bedarfs an Tabakpflanzungen eingeführt. Anfang des 18. Jahrhunderts wurde stattdessen Reis und Indigo angebaut. Im Jahre 1808 wurde der Import von Sklaven für alle Staaten verboten, jedoch bestand die Sklaverei im Süden immer noch. Zwischen 1819 und Mitte des Jahrhunderts führte man mehr als 2 ½ Millionen Sklaven ein und die Anzahl der Sklaven wuchs, teilweise durch natürliche Vermehrung und teilweise durch illegale Importe. Der Schmuggel warf mit jedem Jahr mehr Gewinn ab. Dann wurde eine Entkernungsmaschine für Baumwolle im Jahre 1793 von Eli Whitney erfunden. Diese vereinfachte die Arbeit erheblich. So entstanden riesige Baumwollplantagen, sodass nun viele Sklaven zum Pflücken gebraucht wurden. Die Schwarzen auf den Plantagen wurden geradezu von den Weißen heran -gezüchtet, um mehr Sklaven und somit mehr Gewinne zu erzielen. Oft kam es vor, dass die Frauen, wenn sie von ihrem Mann keine Kinder mehr bekamen dazu gezwungen wurden, einen zweiten, dritten, vierten, oder gar fünften Ehemann oder „Bettgenossen“ zu nehmen. Auch befahlen sie den Mädchen und Frauen, ob verheiratet oder nicht, Kinder zu zeugen. Mitte des 18. Jahrhunderts waren 36 Prozent der fünf Kolonien schwarze Sklaven.
2. BESTIMMUNGEN DES GESETZES GEGENÜBER SKLAVEN Die Sklaverei besaß genaue Bestimmungen des Gesetzes, vor allem verschärft durch die Furcht vor Aufständen. Zunächst hatten die Sklaven auf ihren Plantagen zu bleiben. Versammlungen(oft bei mehr als 5 Personen)waren verboten. Es war untersagt, zu handeln, Vieh- oder Feuerwaffen zu besitzen, in Georgio war sogar das Trommeln und Musizieren verboten. Im Laufe der Zeit wurden die Bestimmen jedoch immer strikter: Schwarze durften nichts besitzen, keine Häuser von Weißen betreten oder jemanden im eigenen Haus empfangen. Ihre Aussage vor Gericht war ungültig. Selbst das Verbot des Tötens von Sklaven wurde 1821 gestrichen. So waren die Schwarzen ihren Herren völlig ausgeliefert. Diese scheuten sich zwar, sie zu töten, da sie ja sonst eine Arbeitskraft verloren. Es waren jedoch schwerste Strafen wie Auspeitschen, Brandmarken oder Abschneiden von Gliedern schon für geringe Vergehen üblich. Oft mussten die Schwarzen bei diesen Folterungen qualvoll sterben. Von Siebentausend Sklaven, die zwischen 1819 und 1831 auf die Plantagen gebracht wurden, lebten daher 12 Jahre später nur noch ca. 3500, die Hälfte davon. Natürlich gab es auch Berichte von Plantagen, wo es Farbigen relativ gut ging, dies sind jedoch Ausnahmen. Die Sklaven lebten gewöhnlich in Hütten abseits vom Herrenhaus. Diese waren meist aus Holz und in einem sehr schlechten Zustand. Da in Virginia und Maryland schon fast zu viele Sklaven existierten, begann man, auch innerhalb des Landes Schwarze zu verkaufen. Zwischen 1840 und 1860 wurden 400 Tausend Negersklaven in den Süden verkauft. 1828 suchte Isaac Franklin aus Tennessee 150 jüngere Schwarze beiden Geschlechts. Bald waren seine Handelshäuser in Alexandria, Natchez und New Orleans die Zentren des Sklavenhandels. So wurde er sehr reich, da man einen Sklaven für 100 – 150 Dollar und manchmal sogar für das Doppelte verkaufte. Wenn es beim Verkauf eines Sklaven günstiger erschien, trennte man die Familien. Auch Ehegatten wurden getrennt. Deshalb schloss man die Ehen unter Sklaven schon unter der Formel: „bis dass der Tod oder Trennung euch scheiden“. Selbst der Präsident des höchsten Gerichtshofes von Kentucky entschied, dass Ehen zwischen Sklaven rechtlich ungültig seien.
2.1 UMSTELLUNG DER LANDWIRTSCHAFT 1810 gab es in den Südstaaten schon eine Millionen Sklaven, vor allem aufgrund einer Umstellung in der Landwirtschaft im Süden: Ende des 18. Jahrhunderts war die Nachfrage nach Baumwolle sehr groß und nach der Erfindung einer Maschine, welche die Arbeit vereinfachte, stellten sich viele Plantagenbesitzer auf Baumwollanbau um. Bis 1835 hatte sich die Baumwollproduktion verhundertfacht, es entstand eine Monokultur der Baumwolle, „King Cotton“ machte einige Plantagenbesitzer sehr reich. Ohne Sklaven, die nur ernährt und einfach bekleidet werden mussten, konnte dieses System nicht funktionieren. Da aber der Süden auf die Baumwolle angewiesen war, stieg auch deren Marktwert, sodass den Sklaven nun eine bessere Behandlung und Ernährung zukamen. Da sich viele Plantagenbesitzer vor Sklavenaufständen fürchteten, wurde ein Überwachungssystem eingerichtet: Die Haussklaven wurden als Spitzel eingesetzt, sonst waren die Strafen fatal. 2.2 DIE „UNDERGROUND RAILROAD“
Freie Schwarze der Nordstaaten und weiße Abolitionisten organisierten trotz allem die „Underground Railroad“, ein System von verschiedenen Stationen, bei denen Sklaven auf der Flucht mit Nahrung, Kleidung oder für kurze Zeit mit Unterkunft versehen wurden, bis man sie nach Norden weiterschickte. Sicher waren sie dort jedoch noch keinesfalls: der Süden verlangte immer wieder, dass entflohene Sklaven im Norden an den Süden ausgeliefert werden sollten, was auch häufig geschah. Diese Auseinandersetzung und der Streit, ob die neu im Westen entstandenen Staaten Sklaven- oder sklavenfreie Staaten werden sollten, führte schließlich zum Bürgerkrieg.
3. DIE RECHTFERTIGUNGSVERSUCHE DER SKLAVEREI und die Tatsachen
Das System der Sklaverei wurde durch viele Behauptungen und Maßnahmen aufrechterhalten. Einerseits wurden die Sklaven zu „Wilden“ erklärt, die keine eigene Kultur besäßen, nicht fähig seien zu denken und nur bei körperlicher Anstrengung glücklich sein könnten. Oft wurde behauptet, dass die Sklaven nachlässig und träge seien, um die Sklaverei zu rechtfertigen. In vielen Berichten kamen jedoch Fälle von Selbstverstümmelungen und Selbstmord vor und auch wurde erzählte, dass viele von ihnen zu fliehen versuchten. Sie sangen: ....I heard a man cry: „ Rund, doggone you, Run, nigger run, patter – roller catch you!” Wid eyes wide open and head hangin’ down
Like de rabbit before de houn’ Dis nigger streak it for de pasture. Nigger run fast, white man run faster. ....Ich hör’ jemand schreien: „Lauf, schwarzes Vieh! Lauf, Nigger, lauf, die Patrouille schnappt dich!“ Die Augen weit aufgerissen, den Kopf dicht am Grund, Wie der Hase gehetzt vom Hund Streift der Nigger da durch die Felder. Nigger rennt schnell, aber weißer Mann ist schneller.
Man hetzte den Entflohenen mit „Niggerdogs“(eine Art Bluthunde) die speziell auf die Schwarzen abgerichtet waren.Meist wurden die Sklaven auch speziell gekennzeichnet, um sie bei einer Flucht leichter einfangen zu können. Im Allgemeinen wurden für das Einfangen der Sklaven zehn oder zwanzig Dollar bezahlt. Trotzdem konnten sich einige Schwarze, die flohen, lange Zeit in den Bergen oder Sümpfen verstecken. Um die Unterdrückung der Farbigen moralisch zu rechtfertigen, stellte man sich ebenfalls oft das übliche Bild des freundlich grinsenden Negers vor. Dieser faulenze am Liebsten , sei aber froh , einen Herrn zu haben, der ihn versorge und arbeiten lasse. Um dieses Bild des dummen, gutmütigen Schwarzen zu erhalten wurde alles Mögliche unternommen. 1831 gab man sogar ein Gesetz heraus, welches jeden Unterricht, selbst für freie Schwarze, bei bis zu 50 Stockhieben verbot. Es gab aber trotzdem mehrere Sklavenhalter, die einige Sklaven Schreiben und Rechnen lehrten und sie als „Haussklaven“ hielten(sogar als Verwalter einsetzbar). Schon von Beginn der Sklaverei gab es also unter den Sklaven eine Zwei-Klassengesellschaft: zwischen den Feldsklaven und den Haussklaven, die in engem Kontakt mit ihren Herren lebten, schneller und besser Englisch lernten und eine Reihe von Privilegien genossen. Letztere wurden Vorläufer einer späteren schwarzen Mittelklasse. Trotz der Gesetze in einigen Südstaaten, die das Lehren von Lesen, Schreiben und Rechnen verboten, unterrichteten viele Besitzer ihre Sklaven immer noch. Dieses Wissen wurde heimlich an andere Sklaven weitergegeben, während andere Sklaven sich das Lesen mühsam selbst beibrachten. „Wir gerieten zufällig an ein Exemplar von Websters blaugebundener Fibel. Die versteckten wir bis zum späten Abend, dann zündeten wir eine Fackel an und lernten darin“, berichtet ein ehemaliger Sklave. Oft war es eine Bibel, die von Quäkern und Baptisten heimlich an die Sklaven verteilt wurden. So wurde auch der Inhalt den Sklaven bekannt, was einige Folgen hatte. 4. DIE WIDERSTANDSVERSUCHE DER SKLAVEN
Die „hush harbors“ und „prayer meetings“ mussten deshalb oft geheim bleiben, da viele Sklavenhalter Aufstände und Flucht befürchteten(da so viel von Freiheit die Rede war). Für die 200 Jahre bis zur Gleichberechtigung 1865 gab es ungefähr 250 Aufstände oder Versuche von Auflehnungen. Im Jahre 1712 zum Beispiel steckte eine Sklavengruppe eine Scheune in Brand und überfiel die Weißen, die herbeirannten. Sie wurden jedoch umzingelt und hingerichtet. In Southampton Country im Jahre 1831 geschah der wohl größte Schwarzenaufstand unter Nat Turner, der tatsächlich einer dieser Prediger gewesen war. Er organisierte und leitete den Aufstand an. Zunächst zogen die Aufrührer mit 70 Mann los. Sie überfielen die Herrenhäuser in Southampton Country Virginia, um die Weißen zu erschrecken. Durch den Erfolg waren sie jedoch berauscht. Umsonst versuchten Nat Turner und einige seiner Freunde, sie vom Feiern und Trinken im Hause eines reichen Pflanzers abzuhalten. So wurden sie von weißen Freiwilligen überfallen und auch Nat Turner, der fliehen konnte, wurde später gehenkt. Von nun an wurden noch strengere Gesetze für die Sklaven erlassen.
5. DIE MISSIONIERUNG DER SKLAVEN
Zur Frage, wie viel und wie man die Sklaven missionieren solle, waren die Sklavenhalter sich nicht einig. Schon früh forderte man unter den fortgeschrittenen britischen Geistlichen auf, dass die Sklaven als Menschen angesehen, d.h. dem Christentum nahegebracht werden sollten. Zuerst waren es die Quäker, die zu einer besseren Behandlung und einer Missionierung aufforderten. Es wurden aber auch andere Kirchen – besonders die Methodisten und Presbyter aktiv, unter den Sklaven zu missionieren. Zunächst fand ihre Form europäischen Gottesdienstes wenig Begeisterung unter den Sklaven, sie lernten jedoch, sich auf diese einzustellen. Vor allem die Baptisten brachten wegen der besonderen Form ihrer Religionspraxis gute Voraussetzungen mit, unter den Schwarzen Anhänger zu finden, da sie auch die „Call and Response“(Ruf und Antwort) –Form anwendeten und andere Praktiken, die denen der Schwarzen nahekamen. Als die erste „Erweckungsbewegung“(vor allem durch Methodisten organisiert) stattfand, konnten viele Schwarze als Anhänger zum Christentum gewonnen werden. Es wurde zur Gewohnheit, dass der Besitzer der Plantage den Sonntagsgottesdienst selbst predigte, wenn kein Geistlicher zugegen war. Die meisten Sklavenhalter waren gläubig, egal welcher Richtung. Jedoch war in den Predigten vor allem vom Gehorsam und der Treue zu ihrem Herrn die Rede, und der Aussicht auf Lohn ihrer Arbeit und Plagen im Himmel. Der Wunsch nach konkreter Freiheit auf der Erde und der Wunsch nach einem Leben bei Gott nach ihrem Tod hing für die Sklaven jedoch eng miteinander zusammen. Als baptistische und methodistische Prediger auf die Plantage kamen, um die ganze Wahrheit des Evangeliums(die gute Nachricht „Gospel“) zu verbreiten, konnten vor allem die gebildeten Haussklaven, nachdem sie weggegangen waren, für die Sklaven predigen, da sie die Bibel lesen konnten. So hielten die Sklaven ihre eigenen, geheimen Gottesdienste, „hush harbors“(stille Zufluchtsorte) genannt. Hauptsächlich war es das Alte Testament, dessen Geschichten die Sklaven beeindruckten. Mit 2 Geschichten der Bibel konnten sie ihre Situation am besten vergleichen: Einmal die ägyptische Knechtschaft von dem Volk Israel und die Befreiung von Moses, außerdem die babylonische Gefangenschaft vom Volk Israel, worin von dem Leid, aber auch von der Hoffnung auf Freiheit die Rede ist. Doch auch auf das Neue Testament wurde man aufmerksam, als Jesus von Freiheit sprach („die Wahrheit wird euch frei machen“, Joh.8,32). Hier entstanden die Spirituals, die sich auf den Auszug beziehen(„Go down Moses“), das seinem Volk Freiheit versprochen hat(„I Got to Cross That River of Jordan“). Auch lernten sie, dass die Psalme in der Bibel auch andere Gottesdienstformen als die der Weißen ermöglichten. Viele dieser Formen entsprachen den religiösen Riten, die die Schwarzen kannten: Das Singen mit dem Körper: Händeklatschen, Füßestampfen, Trommeln, der lebhafte, fröhliche Gesang, kurz: die Lebendigkeit der Vollziehung ihrer Religion bzw. ihr Lebensgefühl. Hierzu gibt es einige Beispiele in der Bibel: Laut schreie ich zum Herrn, laut flehe ich zum Herrn(Psalm 142,2). Ihr Völker alle, klatscht in die Hände! Jauchzet zu Gott mit jubelndem Schall! Oder: David aber und das ganze Haus Israel tanzten mit aller Macht vor dem Herrn her, unter Gesängen und mit Lauten, Harfen und Pauken, mit Schellen und mit Zimbeln(2. Samuel 6,5).
6. DIE ANFÄNGE: SPIRITUALS Die Ursprünge der Spirituals (spiritual songs = geistliche Lieder) liegen in dem Anfang der Besiedlung der Neuen Welt. Eine der frühesten englischen Kirchenlieder sind in dem Buch „Psalms, Hymns and Spiritual Songs of the Old and New Testament“(17.Jahrhundert). Schon vorher wurde es in England als Standard-Gesangsbuch benutzt. Der englische Pfarrer Dr. Isaac Watts(1674 – 1748) in London begann, die Lieder, die oft aus eintönigem Absingen bestanden, zu verbessern und erneuern. Sein Ziel war, den Gottesdienst zu beleben. Dazu wählte er Lieder mit leicht verständlichen Texten und lebhaften Melodien aus. Diese waren bald überall in England und dem brit. Amerika zu hören. In den 30er Jahren des 18. Jahrhunderts fand eine große religiöse Bewegung „Great Awakening“(große Erweckung) statt. Die Religion sollte wieder das ganze Leben durchziehen, wie bei den Puritanern, jedoch ohne deren Strenge. Missionare jedes protestantischen Glaubens zogen durch die Lande und hielten religiöse Zeltshows(„Camp Meetings“) ab, welche sehr erfolgreich waren. Für diese Shows waren die neuen Lieder von Watts sehr gut geeignet. Mit ihnen konnte man ein großes Publikum begeistern. Auch blieben die einfachen Melodien im Gedächtnis der Mitglieder. Viele von Watts Liedern sprachen die Sklaven wegen ihrer Melodien und des lebhaften Rhythmus. Aber auch wegen Watts Ansicht des Christentums fanden sie Begeisterung. Er sah das Christentum als eine Religion der Armen und Unterdrückten, die den Lohn ihrer Leiden im Himmel erhielten. Da oft nicht genug Gesangsbücher vorhanden waren und viele Gemeindemitglieder Analphabeten waren, wurde von dem Pfarrer oder Vorsänger jede Zeile(line) vorgesungen. Dann wurde es von der Gemeinde wiederholt. Dieses Schema entsprach genau der afrikanischen Musiktradition des „Call&Response“(Ruf und Antwort), weshalb die Lieder sehr erfolgreich wurden. Wegen dieses Erfolges verfassten andere Sammler und Autoren ähnliche Hymnen – Bücher: John Wesley, später John Newton und 1801 Richard Allen. Letzterer war ein schwarzer Pfarrer und Begründer der einflussreichen „African Methodist Episcopal Church“(AME). Sein Buch enthielt sowohl Lieder von Watts und Wesley, als auch baptistische und selbst geschriebene Lieder. Die Lieder aus den Büchern dieser Autoren wurden in den (Ende des 18. Jahrhunderts entstandenen) afrikanisch – amerikanischen Kirchen gesungen. Hierbei wurden sie mit afrikanischen Elementen versehen. Schon hier zeigt sich, dass jede afrikanisch – amerikanische Musik eine Mischform ist(egal, ob es sich um Blues, Jazz, oder dem heutigen Soul handelt). Schon im Jahre 1800, zur zweiten großen Erweckungsbewegung, wurden die verwendeten Lieder „revival Songs“ oder „Spirituals“ genannt. Diese Lieder hatten jedoch nichts gemeinsam mit den Spirituals der schwarzen Sklaven Amerikas(„spiritual Songs“ heißt allgemein „geistliche Lieder“). Sie wurden von einem Engländer für Engländer geschrieben. Erst später verschiebt sich die Bedeutung des Wortes. Die Lieder in England und den USA wurden meist „Hymns“ genannt, die schwarze Variante „Spirituals“. Also gibt es auch von den Weißen gesungene Spirituals, die den gleichen Ursprung haben. Auch gibt es seit Anfang des 20. Jahrhunderts eine weiße Variante des Gospelsongs. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden aus den Liedern von Watts, Wesley, Newton, Allen und anderen unbekannten Autoren viele religiöse Lieder, die überall bekannt wurden: „Swing Low Sweet Chariot“, „Steal Away“, „Go down Moses“, „Roll Jordan Roll“, Nobody Knows The Trouble I Have Seen“ u.v.m. Diese alten Lieder kann man eindeutig als Spirituals bezeichnen. Einige der frühen Spirituals entwickelten sich jedoch eher zum allgemeinen Volksgut. Z.B. das Lied „When The Saints Go Marching In“(das vor allem im Jazz des New Orleans – Revivals bekannt wurde) und andere Lieder, die so oft nachgespielt wurden, dass niemand mehr an den religiösen Inhalt denkt. Als die Spirituals weltweit berühmt wurden, wurden sie meist „weiß“, d.h. ohne die afrikanische Tonalität und den Ausdruck gesungen. Es sind Sänger und Sängerinnen wie Paul Robeson, Marion Anderson und sogar Jessye Norman, deren Vorträge nicht zufällig klassisch im Sinne des Kunstliedes klingen. Mit dieser Beseitigung der schwarzen Elemente wurden die Spirituals auch für weiße nachsingbar. Diese Spirituals sind auf Noten festgehalten, ein einfaches Notengerüst kann jedoch nicht die ausdrucksvolle Gesangsweise mit ihren Verschleifungen und Melismen wiedergeben. Auch wird die Melodie nicht festgelegt, diese Musik besteht meist aus Improvisation. Deshalb sind die Interpretationen der Lieder weit von Darbietungen wie z. B. eines Gospelchors in Harlem entfernt. Lothar Zenetti meint hierzu (in seinem Buch „Peitsche und Psalm“): „Wer die Spirituals der Melodie nachsingt, so wie ein europäisches Lied nach Noten gesungen wird, filtert damit das „Schwarze“ und Eigentliche heraus, er reduziert die Lieder der Schwarzen im Grunde wieder auf ihren Ausgangspunkt: auf die weiße Hymne, wie sie ihm schon vertraut ist.“ Die erste systematische Sammlung von Sklavenliedern(größtenteils Spirituals) kommt von William Francis Allen, Charles P. Ware und Lucy McKim , die 1867(nach der Sklavenbefreiung) in New York veröffentlicht wurde. Ähnliche Bücher brachten John Wesley und John Work, James Weldon Johnson, Howard Odum und Guy B. heraus. Diese Bücher bilden die Grundlage der meisten überlieferten Spirituals. Wichtig ist auch das Buch von George Pullen Jackson „Spiritual Folk Songs of Early America“, das großen Streit über den Ursprung der Spirituals auslöste. Oft wurde dieser von rassistischer Vorstellung hergeführt. Der Streit wurde gelöst, als der berühmte Schriftsteller und Soziologe W.E.B. Du Bois(1868 – 1963) in seinem Buch „The Soul of Black Folks(1903) dazu seine Meinung äußerte. Für Du Bois waren diese Lieder die „einzige, echte, amerikanische Musik“ eben weil sie aus einem Vermischungsprozess entstanden waren. Außerdem bedeuten diese Lieder für ihn die Spannung zwischen Hoffnung und Verzweiflung, wobei sie auch die Gewissheit ausdrücken, dass die Not nicht immer bleibt. Im Hintergrund ihrer Herkunft und Erfahrungen drückt „Soul“(Seele) das ganze Lebensgefühl und die besondere Lebensweise der afrikanischen Amerikaner aus. „Soul“ bildet den Zugang zu ihren Spirituals. So betrachtet, ist es daher nicht mehr wichtig, welchen Ursprungs die Spirituals sind. Es gibt jedoch auch weiße Spirituals und Gospelsongs(„Southern Gospel“). Gerade die Country&Western Musik hat ihre besondere Form des Spirituals selbst entwickelt. Mit den folgenden Liedern sind jedoch zunächst die Lieder der Afroamerikaner gemeint. Wie W.E.B. Du Bois schon feststellte, hatten die früheren Spirituals zwei Funktionen: Einmal die Klage über die Situation als eine Art innere Befreiung(z. B. in dem Spiritual „Nobody Knows The Trouble I Have Seen“ oder „Sometimes I Feel Like A Motherless Child“), andererseits waren sie auch Ausdruck der Hoffnung auf Freiheit („O freedom“, „Go down, Moses“, Swing Low, Sweet Chariot“) und ein Aufruf zur Rebellion oder Flucht („Steal Away“). Doch diese volksliedhaften Spirituals enthalten neben diesen Elementen noch eine weiteres, worauf Janheinz Jahn in seinem Buch hinweist. Er sieht in ihnen auch eine magische Erlösung(Ekstase):
„Beide, Erlösung und Befreiung bilden eine unzertrennliche Einheit und finden sogleich, in der Ekstase statt. Noah, Moses, Daniel, David, Jesus, Gabriel, Gott und der Wagen sind verschiedene Bilder für den gleichen Vorgang, sie sind von gleichem Wert.“ Dies sind Elemente, die zumindest dem europäischen Christentum fremd sind, aber in Psalmen des Alten Testaments und frühen christlichen Gemeinden zu finden sind. Hierzu nochmals Jahn:
„Die ekstatische Götterbeschwörung der Spirituals kommt nicht aus dem christlichem Bereich, aber sie bewirkt beim Christen Vertiefung und Verinnerlichung seiner eigenen Religiosität.“ Die Götterbeschwörung kommt nämlich aus einem ganz anderen Bereich: aus Afrika.
DIE ALTEN GÖTTER IN DER NEUEN WELT Bzw. die afrikanische Kultur
Die nach Amerika verschleppten Schwarzen fühlten sich nicht als Amerikaner, sondern als Afrikaner. Sie waren Angehörige von Völkern mit eigenem Stammes – und Kulturleben.Heute weiß man, dass in Afrika die Nachfahren vorgeschichtlicher Völker und uralter Kulturen leben. Bronzen aus Benin, Kuppferarbeiten von Dahome, Gewebe der Aschantis, Holzskulpturen von Nigeria und der Elfenbeinküste. Afrikanische Märchen und Sagen, Samt und Seidenstoffe, alle stammen von uralter Kultur ab. Jeder Becher, jede Pfeife oder Löffel sind ein Kunstwerk. Würde und gutes Benehmen sind sowohl bei den fürstlichen und wohlhabenden – als auch bei den Hörigen und Sklaven Gewohnheit. „Wir behaupten“, schreibt Leo Frebenius, der berühmte Afrikaforscher „dass die Forschung alte Kulturen überall da in Äquatorialafrika herrschend und lebensfrisch angetroffen hat, wo nicht arabische Überlegenheit, hamitisches Geblüt oder europäische Zivilisation dem dunklen Falter von den vorderen schönen Flügeln fortgestrichen hatte.“ W. Bühlmann dagegen schreibt: „So ist uns Afrika bekannt geworden: dezimiert durch die Stammesfehden, dezimiert durch die Sklaverei, dezimiert durch die Epidemien, dezimiert durch den Einbruch der europäischen Industrie, dem europäischen Alkohol, der europäischen Laster. Es schaut nicht glänzend drein, sondern ganz fahl, dieses arme Afrika.“ In der Religion der Schwarzen Afrikas findet man eine reiche Mythologie, die mit der Weltauffassung der Antike vergleichbar ist. Die meisten Stämme haben einen obersten Gott, der sich aber kaum um die Menschen kümmert, weil er so erhaben ist. Zahlreiche Götter und Dämonen bestimmen ihr Schicksal. Die Handlung des Kultes soll Verbindung mit diesen herstellen. Sie sollen ihre guten Mächte herbeirufen und schlechte Einflüsse fernhalten. Sie haben also die Funktion, die Götter zu vergegenwärtigen und zu beeinflussen. Solche Beschwörung der Götter geschieht in der Ekstase, die durch ständiges Trommeln und stundenlanges Tanzen hervorgerufen wird. In dieser Erregung des vollkommen Außer – sich – Seins wird der Mensch von „göttlichen Kräften“ ergriffen. Es wurde nachgewiesen, dass sich ungefähr wie folgt drei Kulturmuster abzeichnen: Auf den englischen Antillenbesitzungen sowie früher auch in Virginia und an der Goldküste(USA) ist die Kultur der Aschantis vor allem an letzterer zu finden. Auf Haiti und den französischen Antillen sowie in Louisiana(von Haiti stammend) sind Elemente der Dahome vorhanden. In Cuba und Brasilien nahm man gerne Senegalesen. Bei diesen sind Einflüsse der Joruba – Kultur als auch Bantu – Elemente von Angola und Kongo erkennbar. Nur die Buschneger von Holländisch – Guyana haben ihre afrikanische Kultur fast völlig erhalten. Im 17. Jahrhundert flohen sie in die großen Wälder. Weit entfernt von den Einflüssen der Weißen konnten sie ihre Eigenarten Afrikas bewahren. Besonders deutlich kann man die afrikanischen Elemente in der Religion der Schwarzen erkennen, die in die alten spanischen, portugiesischen und französischen Besitze gebracht wurden. Der französische Katholizismus in Cuba und Brasilien, Haiti und den Antillen konnte eher mit der heidnisch – afrikanischen Religion vermischt werden als mit dem Protestantismus der Engländer. Der Grund kann sein, dass es wegen der größeren Toleranz in den katholischen Ländern nicht solche Sklaverei wie in Nordamerika gab: 1844 wurden in Portugal Eheschließungen von Farbigen und Weißen erlaubt, Frankreich schloss sich 1678 an. So gibt es auf Cuba und Brasilien noch heute neben dem offiziellen Katholizismus religiöse, teilweise mit ihm vermischte Formen aus Afrika, vor allem aus der Religion der Yorubas. Die bedeutendsten Träger solcher Kulte auf Cuba sind die Nanigos, die Kimbisa vom Kongo und die Lucumi von der Sklavenküste. Die Santeria, der schwarze Kult auf Cuba, entstammt der Religion der Yorubas. Wie in Afrika kennen die cubanischen Schwarzen Olorun als obersten Gott. (Olodumar = Allgerechter, oder Oba – ogo = Ruhmkönig). Diesem werden aber weder Opfer dargebracht noch Tempel gebaut, da er dazu viel zu erhaben ist. Um so mehr werden die „Orischas“ , eine Art Zwischengötter und Ahnen, verehrt. „Die „Orischas“ sind Lebenskräfte, die an der Urlebenskraft teilhaben wie du und ich“, schreibt Janheinz Jahn. Die drei wichtigsten Götter unter Olorum sind: 1. 1. Obtala, ein Gott mit zwei Geschlechtern. Er wird als männliche Holzpuppe in Frauenkleidern dargestellt. In Cuba wird er als „gnadenreiche Jungfrau“ und in Brasilien als „Christen des guten Endes“ angesehen. 2. Dann gibt es noch Shango, den Donnergott der Yoruba. Dargestellt wird er als Meteorstein aus Eisen. Er wird als „männliche heilige Barbara“ angesehen. 3. Außerdem gibt es auch noch Ogun, den Gott des Krieges, der als Michael oder Petrus auftaucht. „Eschu“ dem Mächtigen wird es als eine Art Teufel angesehen, ohne damit auf Böses anzusprechen. Sie sehen in ihm die armen Seelen der Hölle. Jeder solche Orischa steht im Mittelpunkt eines besonderen Ritus mit heiligen Tagen, speziellen Farben und Gesängen. Die heiligen Feste vollziehen sich mit Gesang, Tanz und Begleitung von Trommeln. Der Tanz geschieht in einer Art Besessenheit. Ortiz beschreibt einen solchen Tanz: „Der Tanz beginnt mit einer monotonen Kantilene des „Zauberers“, von dem der Refrain vom Chor wiederholt wird. Es dauert nicht lange, bis sich die Erregtheit in ihrer ganzen Wildheit zeigt und sich die Sänger auf dem Boden wälzen“. Gewöhnlich endet der Tanz mit der Erschöpfung der Sänger. Auf der Insel Haiti wies Harald Courlander Spuren von 37 verschiedenen Stämmen der Schwarzen nach, wobei die Religion der Dahome überwiegt. Auf sie geht der Vodu – Kult zurück. „Vodum“ heißt soviel wie „Geist“ in der Fonsprache, im Ewe „Vodu“. Es ist ein Glaube an die Existenz geistiger Wesen, die mit den Menschen in Verbindung stehen und ihre Tätigkeit bestimmen. „Diese unsichtbaren Wesen bilden einen Olymp zahlloser Götter“, schreibt Jan Price – Mars. So ist es nicht verwunderlich, wenn die Schwarzen ihre Kultur in der Religion ebenfalls ausleben.
7.1 DAS ERBE AFRIKAS oder DIE AFRIKANISCHE MUSIK
Wichtig ist in der afrikanischen und afroamerikanischen Musik, wann ein Ton einsetzt. „In dem Moment, in dem ein Ton erklingt, ist, gleich welcher Länge, seine stärkste rhythmische Energie auch schon verbraucht“(Gerhardt Kubik). Die Zeit wird also nicht mit Tönen unterschiedlicher Länge, sondern mit Akzenten von unterschiedlichen Abständen erfüllt. Die westafrikanische Perkussionsrhythmik beinhaltet mehrere metrische oder rhythmische Grundformen. Einmal werden verschiedene Rhythmen des gleichen Grundmetrums „übereinandergeschichtet“. Dies nennt man Polyrythmik. Auch überkreuzen sich die Akzente des einen und des anderen Rhythmus , dies bezeichnet man als Kreuzrhythmen. Im lebendigen Singen und Musizieren der Schwarzen Afrikas und Amerikas gibt es viele solcher Formen, von denen auch Gesangs – und Melodieinstrumente rhythmischen Gesetzen folgen. Wir aus Europa können solche Akzente nicht mehr heraushören, da völlig verschiedene Rhythmen zusammengebracht werden. Gleichzeitig werden bis zu fünf oder sechs verschiedene Rhythmen gespielt oder gesungen. Es gibt auch häufig eine Kombination aus Dreiviertel, Vierviertel und Sechsviertel – Takt. Einem westafrikanischen Trommler macht es nichts aus, einen Sechsachtel, Vierviertel und Dreiviertel – Takt miteinander zu kombinieren. Während die abendländische Musik die melodischen Schwerpunkte meist auf die metrischen Elemente setzt, liebt der Schwarze, die melodischen Akzente zwischen die Taktschläge zu legen. Diese Art vom Grundschlag weg bzw. dagegen wird „off beat“ genannt. Sie ist eines der Hauptmerkmale der afrikanischen Musik. Die Voraussetzung ist der „beat“, der Grundschlag mit regelmäßigen, festen Schlägen. Dieser ist die Stütze des ganzen Musikgeschehens. Jedoch muss es nicht unbedingt sein, dass dieser von Instrumenten gespielt wird. Es reicht auch Fußstampfen aus. Im modernen Jazz als auch bei alten Spirituals gibt es sogar Lieder, bei denen der beat gar nicht mehr gespielt wird, sondern als „Gefühl“ vorausgesetzt wird.
7.2 DER VERMISCHUNGSPROZESS Die europäischen Elemente wie Melodie, Harmonie, Stropheneinteilung und Instrumentalisierung wurden nun mit den afrikanischen vermischt. Es entstand das „Call&Response“, die schon erwähnte Polirythmik und der Ausdruck wurde verstärkt, ebenfalls eine typische Form der afrikanischen Musik(besonders im Gesang). Watts Lieder wurden jedoch noch mehr verändert: die afrikanische Pentatonik(Fünftonmusik) vermischte sich mit der europäischen Septatonik(Siebentonmusik). Daraus ergab sich die verminderte Septime(für europäische Ohren „verzerrt“). Bald entwickelte sich auch die Mehrstimmigkeit in der Pentatonik als eigene Harmonie. Besonders bei Gesangsquartetten wurde sie angewandt. Außerdem wurde von Ernest Bornemann der „Ring Shout“ eingeführt, eine Art Ringtanz, bei dem man sich im Kreis bewegt und in Call&Response- Form singt. „Shout“ stammt hier nicht vom englischen Wort „schreien“ oder „rufen“ sondern stammt vom afrikanisch – arabischen Wort „saut“, welches „Kulttanz“ bedeutet.
7.3 DIE GOSPELMUSIK VON HEUTE Die Geschichte der Gospelmusik, wie wir sie heute kennen, wird erst in diesem Jahrhundert ausgeprägt. Die Veränderung der Spirituals geschah vor allem wegen eines neuen Bewusstseins der Schwarzen. Diese beeinflusste auch die Pentecostal Churches und das Holiness Movement der Weißen. Es fand sogar eine Art Austausch statt: Die Sklaven lernten Englisch und den amerikanischen Lebensstil und die weißen Herren nahmen viel von der afrikanischen Kultur auf(Sprache, lässige Lebensart). Am deutlichsten ist dies aber in der Musik. Das war ja auch das Einzige, was ihnen blieb, da sie im Rhythmus der „work songs“ besser und freudiger arbeiten konnten.Starke Teile des musikalischen afrikanischen Erbes sind bis heute vorhanden, wie z.B.die anglokeltische Volksmusik, die Veränderungen aufweist, die Country&Western besitzt ebenfalls schwarze Elemente: die Expressivität(Ausdruck), Instrumentalsoli, Ruf-und Antwort-Formen und den oft swingenden Rhythmus der Musik. Das wurde immer wieder deutlich: im Western Swing der 30er Jahre, in der Honky Tonk Musik der 40er, den jazzmäßigen Improvisationen im Blue der 50er, bis zum Rockeinfluss von heute, der auch von der schwarzen Musik stammt. Auch kamen Elemente von Jazz und Blues zu der religiösen Musik hinzu. So wird es deutlich, dass die weiße Musik stark von den schwarzen Spirituals und späteren Gospels beeinflusst wurde. So entstanden weiße Spirituals. Die Aufzeichnung auf Schallplatte führte zur Verbreitung bestimmter regionaler Stile, Formen und Techniken. Gleichzeitig mit den auf Platten überlieferten Liedern schwarzer Komponisten und Texter entstanden deshalb immer neue Lieder und Liedformen. Dies führt zu dem ganzen Reichtum der Gospelmusik von heute. Die alten Spirituals bilden die Grundlage, auf der die Gospelmusik aufbaut.
8. INTERPRETATIONEN DER SPIRITUALS
Spiritual – Texte sind im Laufe der Zeit von allen möglichen Leuten analysiert und interpretiert worden: Von Soziologen, Musikwissenschaftler, Historikern und Psychologen. Der erste Theologe war James H. Cone. Er interpretiert die alten Spiritual – Texte nach 4 Gesichtspunkten: Gott als Befreier, Jesus als „König“, Gott und das Leiden der Schwarzen und schließlich die Bedeutung des Himmels. Gott ist der Befreier nicht nur im Jenseits, sondern schon auf der Erde, wie im Testament oft beschrieben wird („My Lord Delivered Daniel“). Cone schreibt: „Gottes Gerechtigkeit wird deutlich in der Befreiung der Unterdrückten. Diese Botschaft war ein Ausdruck des Glaubens der Sklaven, dass er Gott vertrauen kann.“ Die Bibelgeschichte, in der Jesus als Mensch für die Freiheit anderer Menschen gekreuzigt wurde, beeindruckt die Sklaven besonders: “I’m a child of God With my soul set free, For Chris has bought my liberty” (ich bin ein Kind Gottes, meine Seele ist befreit. Denn Christus hat meine Freiheit erkauft) Mit seinem Eintreten für die Kranken, Blinden und Unterdrückten wurde Jesus zum Vorbild für die Schwarzen. Auch seine Geburt in Armut war von Bedeutung („Be with me Lord“). Die Auferstehung stand für die Geschichte der Gegenwart und der Zukunft der schwarzen Sklaven. Die Spirituals sprechen davon, was Jesus für die Schwarzen gemacht hat und dass er wiederkommt, um die Armen, Unterdrückten und Missbrauchten zu befreien. Es fällt auf, dass es in ihren Spirituals keine Angriffe gibt– weder auf Gott noch auf die Weißen. Das erste begründet Cone damit, dass es bei den Liedern der Sklaven auch die Work Songs gab, dem Ursprung des Blues, in dem eher ein Auflehnen gegen das Schicksal die Rede. Das letztere begründet er damit, dass man als Gegner immer einen gleichwertigen Partner haben muss. Die Schwarzen sahen ihre weißen Herren jedoch als „von Satan besessen“. Allerdings gab es auch wegen ihres schweren Schicksals Zweifel an einem gerechten Gott in den Gemeinden der Schwarzen. Das wichtigste Argument der schwarzen Priester was, dass nicht Gott, sondern die vom Teufel besessenen Weißen die Ursache ihres Leidens war. Ihr Kernsatz lautete: Die Sklaverei steht im Gegensatz zu Gott, und Gott wird die Schwarzen befreien. Im Himmel war die Befreiung geschehen, hier bekam der Sklave seinen Lohn für sein Leiden auf der Erde. Das Warten auf die Befreiung war aber nicht nur als ein Warten der Befreiung der Sünde gemeint. Er hatte auch gleichzeitig die ganz konkrete Bedeutung in dieser Welt: der Ort der Freiheit, das hieß die Nordstaaten und später Kanada („When dat ar ole chariot comes“(wenn dieser alte Wagen kommt). Man kann hier auf Organisatoren der „Underground Railroad“ oder auf Nat Turner hinweisen. Das Gottesreich wurde als „mansions above“, „Villen im Himmel“ angesehen, voller Ruhe und Frieden vor dem Schmerz der Sklaverei: No more hard trial in the kingdom No more tribulation No more parting No more quarreling Backbiting in the kingdom No ore sunshine fer to burn you, no mor rain fer to wet you Every day will be Sunday in heaven (Keine schwere Heimsuchung mehr im Königreich Kein Kummer mehr
Keine Trennung mehr Kein Streit mehr Keine Vergeltung im Königreich Keine Sonne, die dich verbrennt Kein Regen, der dich nass macht Jeder Tag im Himmel wird Sonntag sein) Neben der Untersuchung der alten Spiritual – Texte von Cone gibt es eine neuere Darstellung in dem Buch „Wade in The Water“ von Dr. Arthur Jones(1993), einem schwarzen Psychologen. Dieser kommt jedoch zu ähnlichen Ergebnissen wie Cone. |